Bau- und Wohnungsgenossenschaft Gartenbauversuchsanstalt Aurich eG
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Geschichte der "Stallingslust"

25.09.1804 Der Oldenburger Drucker und Gastwirt Gerhard Stalling erhält nach mehreren Versuchen in Oldenburg und Leer die Genehmigung in Aurich, am Trekfahrtstief eine Papiermühle zu errichten. Vor der Errichtung der Auricher Papiermühle musste alles hochwertige Papier aus den Niederlanden importiert werden. Gleichzeitig erhält er die Genehmigung zur Sammlung von Lumpen in Ostfriesland, welcher Grundstoff zur Papierherstellung (Hadern) war. Ende 1806 war das Gebäude errichtet. 1807 wurde das erste Blatt Papier (Bütten) hergestellt.

Leider stand von Anfang an ein unguter Stern über der "Stallingslust". In Jahr 1807 fiel Ostfriesland durch den Sieg Napoleons über Preußen zunächst an die Niederlande, später direkt an Frankreich. Die Grundlage der Papierherstellung, das Lumpensammeln wurde dem Unternehmer Stalling größtenteils verwehrt. Zudem ertrank am im April 1807 der älteste Sohn Johann Gerhard Stalling, welcher als Leiter der Papiermühle eingesetzt war beim Baden in einem der zur Lagerrung von Reinwasser bestimmten Wasserbehälter / Teich. (Zwei dieser ursprünglich drei Teiche sind heute noch vorhanden)

Aus der Zeit der napoleonischen Besetzung ist wenig bekannt, außer dass sich Gerhard Stalling wiederholt um Beibehaltung seiner Privilegien bemühte. Zwar wurden Gerhard Stalling Entschädigungszahlungen zum Verlust seiner Privilegien schriftlich zugesichert, erhalten hat er diese jedoch nicht.

1814 übernahm Preußen nach Napoleons erster Niederlage wieder die Verwaltung Ostfrieslands. Danach wurde die  Papiermühle, trotz Widrigkeiten wieder betrieben.

1818 schlug das Schicksal wieder zu. Die Papiermühle brannte am 17. März ab, wurde aber unter Verzicht eines Gebäudeumbaues in Oldenburg wieder errichtet. Hermann Stalling übernahm die Leitung der Papiermühle. Das Jahr 1818 war kein gutes für die Familie Stalling. Nach dem Tod von weiteren Familienmitgliedern erlag auch Gerhard Stalling, welcher bei Umbauarbeiten im oldenburgischen Stammsitz von einem herünterfallenden Ziegelsten getroffen wurde, seinen Verletzungen.

Der Sohn Johann Heinrich Stalling, damalig 20 Jahre alt, übernahm unter Begleitung seiner Mutter die Leitung des Familienunternehmens. 1834 verstarb Margarethe Catherine Stalling und Johann Heinrich übernahm erfolgreich die alleinige Firmenleitung. Die Drucktechnik machte zu diesem Zeitpunkt große Fortschritte und die schöne "Stallingslust" verlor an Bedeutung.

1846 brannte die Mühle zum zweiten Mal ab und wurde mit einer Dampfmaschine erneut errichtet.  1847 folgte der Konkurs. Die Papiermühle wurde nie wirklich rentabel betrieben.

Quellen: Festschrift zum 150 jährigen Firmenjubiläum des Verlagshauses Stalling vom 23 .10.1939 / www.alt-oldenburg.de und Kalli Gramberg - Aurich von C.B. Meyer bis auf unsere Tage / Erstes Buch.


Nach dem Konkurs wurde das Gebäude als Zuckerraffinerie von W. Hargreaves u. Co. betrieben.  Aber auch die Zuckerfabrik lief nie profitabel und stellte schon 1853 den Betrieb ein. 1855 versuchte sich die Winter - Hargreaves Comp. am Standort Stallingslust als Sägemühle. Die Konkurenz (Elisenhof und Kukelorum) war jedoch zu groß.


1866 erwarb das Armen-Collegium für 7000 Reichsmark das Grundstück in Haxtum und richtete dort eine "Arbeits-Anstalt" ein. Das sogenannte Gasthaus wird aus der Innenstadt dorthin verlagert. Über mehrere Jahrzehnte blieb das Gebäude für den ärmeren Teil der Bevölkerung Unterkunft, "Lazarett" und "Hospiz".


1942 gründete die Landesbauernschaft Weser-Ems (Unterorganisation des Reichsnährstandes) aus der Genossenschaft Ostfriesische Bohnen (ansässig im Bereich der heutigen KVHS) die Gartenbau Lehr- und Versuchsanstalt Aurich-Haxtum (10,8 ha). Die Stallingslust wirde erworben, renoviert und in den Seitenflügeln mit einem zusätzlichen Geschoß versehen.



Schwerpunkte waren zunächst Versuche zum Gemüse- und Beerenanbau. Ab 1950 wurden Zierpflanzenversuche aufgenommen, kurze Zeit später auch Versuche zu Rhododendron und anderen Baumschulkulturen.

Ab 1962 begann der Aufbau eines Rhododendron- und Koniferensortiments. Weitere Schwerpunkte der Gartenbau Lehr- und Versuchsanstalt waren Ausbildung, Meisterlehrgänge und später auch Genreserve der Pflanzenkulturen. Da der Zustand des inzwischen 150 Jahre alten Gebäudes zusehend schlechter wurde und die Sanierung der Gebäude finnanziell unrentabel erschien, fiel 1972 die Entscheidung den Standort der Lehr- und Versuchsanstalt nach Bad Zwischenahn-Rostrup zu verlegen. Dort ist sie seit 1977 ansässig. Die Region Ammerland ist heute das Zentrum der Rhododendron- und Koniferenkultur.

In Aurich ist die Bezeichnung "Gartenbauversuchsanstalt" seit dieser Zeit Synonym für das Gebäude, daher hat die heutige Bau- und Wohnungsgenossenschaft die Benennung in Ihrem Namen beibehalten.

Ab 1976 entstand auf dem Goßteil des ehemaligen Gartenbauversuchsanstaltgeländes die Neubausiedlung "Wohnen im Park".

Die Stadt Aurich erwirbt die Immobilie und den verbleibenden Park (ca. 1/3 der ehemaligen Fläche). In den 80er und 90er Jahren ist das Gebäude Heimat für viele Wohngemeinschaften wie die Kanal- oder die Kokel-WG. mit acht Wohneinheiten zwischen ca. 60 und ca. 180 m² Fläche.

Im Mittelbau hatte das Niederdeutsche Theater Aurich e.V. von 1921 Ihren Fundus und Probenräume.

GBVA ca. 1980 (Foto: Hartmut Ahlers)


Die  2000er ... Der Auricher Unternehmer Hans-Wilhelm "Hansi" Theesen kauft das Gebäude und nimmt erste Renovierungen an Fenstern und Dach vor. Doch auch Hansi Theesen hat nicht lange etwas von der Stallingslust. Er verstirbt früh und die Bau- und Wohnungsgenossenschaft Gartenbauversuchsanstalt Aurich eG erwirbt die Immobilie aus der Erbmasse.


... Gerüchteweise soll hier zwischendurch auch Schnaps gebrannt worden sein ...


Der Ems-Jade-Kanal

hieß zunächst (seit 1799) Treckfahrtskanal. Hier wurden Kanalschiffe (Plattbodenschiffe) getreidelt, d.h. von Hand oder mit Pferden gezogen (plattd. trecken). Er verlief zwischen Aurich und Emden.

Nach der Einweihung des preussischen Marienehafens Wilhelmshaven (1869) wurde der Kanal ausgebaut, vertieft und begradigt.

Der neue „Ems-Jade-Kanal“ wurde 1888 eingeweiht. Er diente dem Transport von Kohle aus dem Ruhrgebiet, von Ziegeln aus dem Emsland sowie von Torf und landschaftlichen Produkten aus der Region. Bis zum Zweiten Weltkrieg wurden jährlich zwischen 100.000 bis 200.000 Tonnen auf dem Kanal befördert. Danach übernahm der Bund die Unterhaltung. Der Ausbau des Straßengüterverkehrs jedoch minderte die Bedeutung. Heute leben auf und am Ems-Jade-Kanal Freizeit und Sport.


Externe Links zur Historie

Historisches Museum Aurich

 

Alt-Oldenburg.de